Die Bakuninhütte entstand in den 1920er Jahren auf einer Selbstversorgungsfläche hungernder Arbeiter/-innen. Diese kamen aus Meiningen und Umgebung und waren überwiegend in der syndikalistischen Gewerkschaft Freie Arbeiter Union Deutschland (F.A.U.D.) organisiert. Auf dem einstigen Gemüsefeld entstand im Laufe der Jahre eine einfache Schutzhütte und später ein Steinhaus. Es wurde der „Siedlungsverein gegenseitige Hilfe“ gegründet. Recht schnell verbreitete sich die Kunde von diesem wunderschönen Ort. Neben der sonntäglichen Nutzung als Ausflugsziel für Menschen aus der Region und Urlaubsstätte für Arbeiter/-innen aus dem damaligen Reichsgebiet, fanden überregionale Treffen der syndikalistisch-anarchistischen Jugend statt. Auch Persönlichkeiten wie Augustin Souchy und Erich Mühsam machten dort Station. 1932 wurde der letzte Erweiterungsbau begonnen. Nur wenig später kam es zur Enteignung durch die Nazis, auf die eine jahrzehntelange Odyssee mit verschiedenen Nutzungen folgte.

Bis 1945 diente die Bakuninhütte der SS, der Nazi-Jugend und Privatpersonen. Nach einer erneuten Enteignung wurde sie der SED Meiningen übertragen und als Jugendferienlager der FDJ, betriebliche Ferienstätte, Stützpunkt für jugendliche Naturforscher und als Übungsgelände der Bereitschaftspolizei genutzt. Nach der Wende fiel die Liegenschaft dem Bundesvermögensamt zu. Bemühungen um Rückübertragungen scheiterten. 2005 gelang es unserem Verein die Bakuninhütte zu erwerben. Seitdem bemüht sich der Verein diesen geschichtsträchtigen Ort wieder der Allgemeinheit zugänglich zu machen.

Die Bakuninhütte – ein unbequemes Denkmal
Schon der Name der Hütte machte und macht diese unbequem: In der Zeit des Nationalsozialismus nannte man sie „SS-Hütte“ und auch die SED tat sich schwer mit diesem Zeugnis der antiautoritären Arbeiterbewegung und nannte sie lieber „Touristenstation August Bebel“. Dies mag auch die häufigen Eigentümerwechsel dieses neuzeitlichen Kulturdenkmals erklären. 2005 wurde die Bakuninhütte in einem Gutachten des thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege nicht als Denkmal anerkannt; im Oktober 2009 wurden die Instandsetzungsarbeiten unseres Vereins durch einen Bescheid des Bauamtes des Kreises unterbrochen, es wurde uns der Zutritt untersagt und jegliche Nutzung grundsätzlich in Frage gestellt – amtliche Forderungen nach einem (Teil-) Abriss wurden laut. Erst eine Einigung vor dem OVG Weimar im März 2011 erlaubte uns die eingeschränkte Nutzung, so darf die Hütte u.a. nicht mehr für Übernachtungen genutzt werden.

Bezug zum aktuellen denkmaltheoretischen Diskurs*
Es handelt sich hierbei weniger um ein Baudenkmal aus architektonischen Gründen; vielmehr liegt ihr Wert im Bereich der ereignisgeschichtlichen und wissenschaftlichen Gründe. Darüber hinaus erhielt die Bakuninhütte in den letzten Jahre einem enormen Streitwert. Dies sowohl durch den verordneten Stopp der Instandsetzungsarbeiten und den davon ausgelösten Rechtsstreit mit seinen nutzungseinschränkenden Folgen bis heute, als auch durch die Ablehnung der Unterschutzstellung und dem hieraus folgendem Engagement durch den Verein und seine Fürsprecher. Vor diesem Hintergrund besteht die Notwendigkeit, den Gegenstand historisch zu erforschen, um seine Denkmalwürdigkeit festzustellen und zu begründen. Genau dies tut unser Verein, um mit seinen Recherchen dafür zu sorgen, dass hier eine gegenüber der Zeitgenossenschaft fremde Wirklichkeit verdeutlicht wird, so dass die Hütte in den Rahmen ihrer eigenen Zeit gestellt und von dort her interpretiert wird – dass die Hütte als sie selbst wahrgenommen wird. Es muss hier Geschichte und Ort zusammengedacht werden und gerade die Bakuninhütte hält „fundamental Beunruhigendes“ bereit. Anstatt alles Unpassende, Anders- und Fremdartige zu beseitigen, wäre es wichtig, sich darum zu bemühen, es zu entziffern und zu verstehen. Die Vorstellung von Intaktem, Ungebrochenen, Ursprünglichen und Reinen als Gegenbild zum Gestörten, Gealterten, Überlagerten und Unklaren erweist sich nämlich nicht nur auf dem Feld der Baukultur als Fiktion. Das im Lauf der Geschichte Veränderte ist die Regel und nicht die Ausnahme. Unser Verein wird weiter daran arbeiten, den Geschichts-, Erinnerungs- und Assoziationswert der Bakuninhütte der interessierten Bevölkerung zugänglich zu machen und die Erlangung des Denkmalstatus zu erreichen, soll doch diese fragile und einmalige historische Substanz, ihre Alterswürde und Aura geschützt werden. Gegenüber dem Fremden sind Sensibilität für die existierenden Unterschiede und Respekt vor dem Andersartigen angemessen.

* Unter Zuhilfenahme von Wohlleben, Marion (Hrsg.): Fremd, vertraut oder anders? Deutscher Kunstverlag, Berlin/München 2009. Und mit Bezug auf ein Gespräch mit Prof. Dr. Gabi Dolff-Bonekämper, im September 2013.

Pressestimmen:
ND: Ausflugsziel mit Übernachtungsverbot