Am Sonntag den 13. September findet wieder bundesweit der Tag des offenen Denkmals statt.
Der Wanderverein Bakuninhütte e. V. wird die nun offiziell als Kulturdenkmal anerkannte Bakuninhütte von 11.30 bis 16.00 Uhr für interessierte Besucherinnen und Besucher öffnen.
Dem diesjährigen Motto „Handwerk, Technik, Industrie“ folgend, werden wir uns auf die Suche nach der Industriearbeiterschaft des 20. Jahrhunderts begeben. Vom handwerklichen Geschick der anarchosyndikalistischen Meininger Familien zeugt noch heute ihr solidarisch errichtetes Gebäude, die Bakuninhütte. Mit einem differenzierten Konzept stritten sie für eine alternative Gesellschafts-ordnung auf Gewerkschaftsbasis und antworteten damit auf die zunehmende Industrialisierung und ihre sozialen Folgen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Herausragend ist dieses zeitgeschichtliche Kulturdenkmal allein wegen seiner Seltenheit. „So scheint die Bakuninhütte bei Meiningen also der einzige halbwegs gelungene Plan zur Errichtung eines anarchistischen Ferienheims während der Weimarer Zeit geblieben zu sein“, betonte der Historiker Prof. Dr. Ulrich Linse.
Die Bakuninhütte wurde in den 1920er-Jahren aus einer Selbstversorgungsfläche hungernder Arbeiter und Arbeiterinnen geboren. Aus dem Gemüsefeld wurde im Laufe der Jahre eine Schutzhütte, die schließlich zu einem Steinhaus ausgebaut wurde. Als Bildungs- und Erholungsheim erlangte der Ort überregionale Bedeutung, bis seine Trägergemeinschaft durch die Nationalsozialisten enteignet wurde. In der DDR diente die Hütte u. a. als FDJ-Ferienlager, als Lehr- und Forschungsstation des Kulturbundes und zuletzt als Übungsgelände der Bereitschaftspolizei. Nach der Wende verfielen Gebäude und Grundstück zunehmend, bis zur Neubelebung ab 2006.
Rundwanderung
Zum diesjährigen Tag des offenen Denkmals wird eine etwa sechsstündige Rundwanderung angeboten. Diese beginnt Sonntag, den 13. September, um 10 Uhr, im Meininger Schlosshof. Wanderleiter Dr. Andreas Seifert vom Meininger Baumbachhaus wird von dort aus die Gruppe über die Stationen Wolfsschlucht, Parkfriedhof und Donopskuppe zur Bakuninhütte führen. Unterwegs wird er nicht nur mit Erich Mühsam bekannt machen, sondern auch über interessante Begebenheiten im Raum Meiningen zwischen Kaiserreich und Zeit des Nationalsozialismus berichten.
An der Bakuninhütte erwarten Mitglieder des Wandervereins die Teilnehmenden zu einer Mittagsrast mit warmen Speisen und Getränken. Zudem stehen Führungen durch die Hütte und das umgebende Gelände mit Informationen zur Nutzungsgeschichte des Areals auf dem Programm. Danach führt die Wandertour über den Webersbrunnen und Stiefelsgraben zurück in die Stadt.
Feierliche Enthüllung einer Reproduktion der „Hüttenspruch“-Tafel
Als die Tafel noch in einem Stück war (Foto), trug sie die von dem Meininger Anarcho-Syndikalisten M. Baewert in Worte gefassten Prinzipien der Bakuninhütte:
„Freies Land und freie Hütte,
freier Geist und freies Wort,
freie Menschen, freie Sitte,
zieht mich stets zu diesem Ort!“.
Die Gestaltung der Tafel und ihre Fertigung war das Werk Heinrich Walz. „Heini“ lernte zu dieser Zeit das Handwerk des Steinbildhauers. Er schuf auch den Gedenkstein für Bakunin, der ebenso in der Ausstellung, „Mühsam in Meiningen – Meiningen und seine Anarchisten“, zu sehen ist. Für den Spruch selbst wählte er eine geradlinige, klare, schnörkellose Schrift. Darunter verzierte er die Tafel mit zwei Symbolen der Arbeiterbewegung: dem Stern mit fünf Zacken und in seiner Mitte: Hammer und Sichel mit goldenem Rand. Gemäß ihrer Weltanschauung, so der Hüttenwart Fritz Scherer, waren Stern und Schrift in schwarz gehalten, der Farbe der anarchistischen Bewegung.
Den Nationalsozialisten waren diese Vorstellungen zutiefst zuwider. Als sie den Siedlungsverein „Gegenseitige Hilfe“ enteigneten, wurde die Tafel in Stücke gehauen. Dank der Initiative von Vereinsmitgliedern wurden über 200 Splitter der Tafel geborgen, die nun in der Ausstellung zugänglich sind. Bei dem diesjährigen „Tag des offenen Denkmals“ wird um 13:00 Uhr eine Reproduktion der Hüttenspruchtafel feierlich enthüllt werden.
Programm:
Samstag, 12. September, 16:00 Uhr, Museumskasse im Schloß Elisabethenburg, Meiningen: Fachführung durch die Ausstellung „Mühsam in Meiningen – Meiningen und seine Anarchisten“ (Dr. Andreas Seifert)
Tag des offenen Denkmals, Sonntag, 13. September 2015
10:00 Uhr ab Schlosshof der Elisabethenburg, Meiningen: geführte Wanderung zur Hütte mit Halt an historisch bedeutsamen Orten
12:30 Uhr Ankunft an der Bakuninhütte
Von 11:30 bis 16:00 Uhr öffnet die Bakuninhütte für alle Interessierte ihre Türen. Für das leibliche Wohl wird gesorgt.
13:00 Uhr: Feierliche Enthüllung einer Reproduktion der „Hüttenspruch“-Tafel mit musikalischer Begleitung durch Heike Horstmann (Fiddle und Hardanger d´amore) und Bernd Dittl (Akordeon und Gesang) u. a. mit Liedgut Erich Mühsams
11:00 und 14:00 Uhr: Führungen über das historische Gelände werden angeboten
Wir freuen uns viele Mitglieder und Gäste zu begrüßen!