Wenn der Wanderer von der Thüringer Stadt Meiningen in östlicher Richtung den Wald durchstreift, findet er auf einem freien Hochplateau eine Hütte: die Bakuninhütte.
Im Jahre 1920 erwarben hier die Meininger Genossen ein größeres Stück Land, um, getragen vom Gedanken der gegenseitigen Hilfe, für die erwerbslosen Genossen Kartoffeln, Gemüse usw. anzubauen. Es war dies ein Stück praktischer Solidarität im Kampf um das tägliche Brot. Zur zukünftigen Aufgabe hatten sich die Genossen gestellt, auf diesem Land eine Anzahl Häuser zu bauen, um eine Arbeiterkolonie zu schaffen. Durch die in den Jahren folgende immer schlechter werdende wirtschaftliche Lage wurde der Plan illusorisch. So erbauten wir in dem Jahre 1926 eine provisorische Hütte, welche durch einen 1927 getätigten Ausbau ein stattliches Aussehen bekam.
Die Hütte wurde zum Gedenken an den großen Vorkämpfer des freiheitlichen Sozialismus – Bakuninhütte genannt.
Das Grundstück ist mit unzähligen Bäumen, Sträuchern und Blumen bepflanzt. Während an der Hütte selbst eine Tafel an Michael Bakunin mahnt, findet man in einer Steingruppierung Namen wie Francisco Ferrer, Sacco/Vanzetti u.a. Der untere Teil des Grundstücks dient als Wiese zum Tollen und Spielen der Kinder. Schaukel und Karussell erfreuen das Kinderherz und verleiten auch oft die Älteren zur Ausgelassenheit.
Die Hütte umfasst gegenwärtig einen kleinen Aufenthaltsraum, Küche, Keller und Schlafraum. Wenn auch die Raumverhältnisse noch beschränkt sind, so haben doch eine ganze Anzahl Genossen und Genossinnen aus dem Thüringer Bezirk frohe sonnige Tage hier verlebt, an die sie gern zurückdenken, aber auch den jüngeren Genossen bot auf ihrer Wanderfahrt die Hütte Rast und Ruhe.
Im Vorjahr fand hier das erste Reichsferienlager der Jugend statt.
Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich aber, dass die Räumlichkeiten für solche Zwecke zu klein waren. Dieser Mangel soll jetzt durch einen Vergrößerungsbau behoben werden. Der Zweck der Hütte soll sein, allen Genossen aus dem Reich eine Ferienstätte zu schaffen, aber es soll auch eine Stätte sein, wo Jugend- und Kindergruppen Ferienlager veranstalten können.
Um den Ausbau, die Einrichtung usw. durchführen zu können, müssen wir finanzielle Mittel beschaffen. Die Gruppe Meiningen ist zu schwach, um diese selbst aufbringen zu können. Die Erweiterung soll aber in absehbarer Zeit durchgeführt werden, damit die Hütte ihren eigentlichen Zweck erfüllen kann.
Aus diesem Grunde bitten wir die Kameraden im Reiche, durch den Vertrieb von Baufondskarten – in der Form wie abgebildet, das begonnene Werk zu fördern.
Trotz der schweren wirtschaftlichen Lage muß es jeder Genosse als seine Pflicht betrachten, wenigstens zwei Baufondskarten abzusetzen!
Wir wissen alle, was die Parteischulen und Heime für die gegnerischen Organisationen bedeuten – wohl an, schaffen wir uns daher aus eigener Kraft mit der Bakuninhütte eine Heimstätte der Bewegung. Jeder helfe tatkräftig mit, das begonnene Werk zu vollenden!
Hermann George.Der Syndikalist, Nr. 27, Jg. XIII, 1931 (4. Juli), S. 7
Die Sicherung der Bakuninhütte
Die Bakuninhütte und ein damit im Zusammenhang stehender „Siedlungsverein Gegenseitige Hilfe“ ist keine nur örtliche Angelegenheit der Gruppe Meiningen, sondern die Thüringer PAB steht dahinter und nicht zuletzt unsere gesamte Bewegung, wie wir es erhoffen. Unsere Genossen und Freunde sollen mit einem Auszug aus den gerichtlich genehmigten Satzungen diesem Unternehmens vertraut gemacht werden.
Zweck des Vereins.
§1
Der Siedlungsverein „Gegenseitige Hilfe“ hat den Zweck, vor allem darauf bedacht zu sein, auf die Mitglieder erzieherisch im Sinne der gegenseitigen Hilfe einzuwirken. Dies soll geschehen
1. durch körperliche und geistige Betätigung der Mitglieder in der Freizeit auf dem von den Mitgliedern erworbenen Ackerland, auf dem die Bakuninhütte steht;
2. indem den Kindern der Mitglieder auf dem Ackerland größte Spiel- und Raumfreiheit gewährleistet wird;
3. indem die Mitglieder auf die Freilichtbäder aufmerksam gemacht werden, die den Körper gegen schädigende Einflüsse widerstandsfähig machen;
4. indem die Mitglieder verpflichtet werden, Arbeiten in gemeinnützigem Sinne gemeinsam zu verrichten und das Bestreben zu pflegen, sich gegenseitig finanziell zu unterstützen.
§3
Alle aus der Schule entlassenen Personen beiderlei Geschlechts, welche sich im Sinne der gegenseitigen Hilfe unter besonderer Beachtung der Verpflichtung aus § 1 betätigen wollen, können als Mitglieder aufgenommen werden, wenn sie zur Zeit der Aufnahme Mitglieder der Freien Arbeiter Union Deutschlands sind.
§3a.
Die Provinzial-Börse Groß-Thüringen der Freien Arbeiter Union Deutschlands, Sitz Erfurt, ist ständiges Mitglied. Sie genießt die gleichen Rechte wie die anderen Vereinsmitglieder. Außerdem ist sie zu allen Vorstandssitzungen heranzuziehen und hat bei diesen Sitzungen beratende Stimme. Sämtliche Organe des Vereins sind verpflichtet, die Provinzialbörse vorher über alle den Verein betreffende Maßnahmen zu benachrichtigen, um ihr die Möglichkeit zu geben, jeweils beratend mitzuwirken. Die Provinzial-Börse übt ihre Tätigkeit in den Vereinsangelegenheiten durch die 3 Mitglieder der Geschäftsleitung aus. Es können alle Mitglieder der Geschäftsleitung tätig sein oder auch jedes einzelne Mitglied in Vollmacht der anderen.
§ 5, Absatz b.
Scheidet ein Mitglied aus der Freien Arbeiter Union Deutschlands aus, so erlischt seine Mitgliedschaft im Siedlungsverein.
§9
Eine Aenderung der Satzungen kann nur in einer Generalversammlung vorgenommen werden und bedarf zur Annahme 2/3 Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Zu einer Veränderung des Vereinszweckes wie Aenderung über die Verwendung des Vereinsvermögens darf nicht geschritten werden.
§12
Solange noch drei Mitglieder dem Verein angehören, findet eine Auflösung nicht statt. Im Falle einer Auflösung fällt das gesammte Vermögen der Freien Arbeiter Union Deutschlands, Sitz Berlin, zu, die es einem vielleicht noch gemeinnützigerem Zwecke dienstbar macht.
Genossen, unterstützt unser sowie euer aller Unternehmen, damit wir im schönen Thüringer Lande in die Lage versetzt werden, allen Genossen im Reiche einen schönen billigen Aufenthaltsort während ihren Wanderungen und Ferien zu errichten.
Wir als PAB-Leitung bitten deshalb mit den Meininger Genossen, recht regen Gebrauch von dem Vertrieb der Baufonds-Karten zu machen.
Die Karten sind zu beziehen durch die Geschäftsleitung der PAB Groß-Thüringen, dem Genossen Emil Zehner, Erfurt, Yorkstr. 48.
Mit freiem Grüß
für die PAB Groß-Thüringen
I. A.: Emil Zehner.Der Syndikalist, Nr. 27, Jg. XIII, 1931 (4. Juli), S. 7
“Genossen, übt Solidarität, verkauft Baufondskarten für die Bakuninhütte!“

Der Syndikalist, Nr. 27, Jg. XIII, 1931 (4. Juli), S. 7
